50.000 der ca. 800.000 jährlich in Deutschland geborenen Kinder kommen vor der abgeschlossenen 37. Schwangerschaftswoche zur Welt und gelten damit als Frühgeborene. Die Ursachen für eine vorzeitige Geburt sind vielfältig. Dazu zählen gesundheitliche Probleme der Mutter (Bluthochdruck, Diabetes, chronische Nieren- oder Herzleiden) oder psychische und psychosoziale Belastungen (Angst, Partnerschaftskonflikte). Auch Komplikationen während der Schwangerschaft wie das vorzeitiges Springen der Fruchtblase oder eine Infektion der Geburtswege können vorzeitige Wehen auslösen. Bei Zwillingsschwangerschaften ist die Frühgeburtenrate deutlich erhöht; Drillinge oder Vierlinge sind immer zu früh geboren, da ihre Mütter die Schwangerschaft nicht bis zu Ende austragen können. Bei etwa der Hälfte aller Frühgeburten sind aber keine eindeutigen Ursachen erkennbar.
Die Behandlung der Frühchen stellt eine besondere Herausforderung dar. Hauptproblem ist die Unreife vieler Organe und Organsysteme, die Eingewöhnung an das neue Leben außerhalb des Mutterleibs wird enorm erschwert. Doch durch die immensen Fortschritte in der Schwangerenbetreuung, der Geburtshilfe und der Neugeborenenintensivpflege sind die Überlebenschancen auch der kleinen Frühchen sehr viel besser geworden. Ab der 24. vollendeten Schwangerschaftswoche haben die Kinder heute schon reelle Überlebenschancen.
Das spätere Entwicklungsrisiko eines Frühgeborenen hängt von vielen Faktoren ab. Generell ist die Prognose umso besser, je reifer das Kind ist. Doch auch sehr kleine Frühgeborene können sich heute oft völlig normal entwickeln. Besonders gefährdet sind Babys, bei denen Komplikationen wie eine Hirnblutung, Hirnschädigungen, schwere Infektionen oder eine chronische Lungenerkrankung auftreten. Aber auch für sie gilt: Jeder Fall ist anders; jedes Frühgeborene hat seine eigene, nicht aus Statistiken vorhersehbare Geschichte. Viele anfängliche Risiken und eventuellen Entwicklungsrückschritte lassen sich später – durch ein liebevolles Familienleben und eine entsprechende Förderung – ausgleichen.
Die Betreuung in der Kinderklinik richtet sich primär auf die Überwachung des kleinen Sorgenkinds und die Unterstützung der noch nicht ausgereiften Körperfunktionen. Dafür verfügt unsere Intensivstation über 12 Beatmungsplätze und 6 Überwachungsplätze sowie einen Eingriffsraum für die Notfallversorgung.
Intensität und das Ausmaß der medizinischen Maßnahmen hängen vom Reifegrad und Zustand des Frühgeborenen ab. Bei allen Babys von zentraler Bedeutung: die Wärmezufuhr im Inkubator (Brutkasten) und die Flüssigkeitszufuhr über eine Infusion. Muttermilch ist auch für das Frühgeborene die beste Nahrung. Sehr früh wird deshalb mit der Muttermilchfütterung begonnen, zunächst mit abgepumpter Milch per Magensonde, bis die Mütter dann selbst stillen können.
Bei Babys, die vor der 35. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, ist die Lunge noch nicht ausgereift. Deshalb müssen besonders die Frühgeborenen mit einem Gewicht unter 1.000 Gramm noch häufig beatmet werden. Weitere eventuelle Probleme: auf Grund der noch ungenügenden Abwehrlage können schwere Infektionen – besonders eine entzündliche Darmerkrankung – auftreten.
Babys, deren Vitalfunktionen sich stabilisiert haben, können zur weiteren Behandlung und Überwachung von der Intensivstation auf unsere Früh- und Neugeborenenstation mit 20 Betten verlegt werden.
Neben der medizinischen ist auch die menschlich-pflegerische Intensivbetreuung eine besonders wichtige Maßnahme. Pflegemaßnahmen werden sanft durchgeführt und zeitlich auf die Wachphasen des Kindes abgestimmt, Routinemaßnahmen möglichst vermieden. Lange Ruhepausen sollen eine Selbstregulation des Kindes erlauben und so den Stress reduzieren. Der Reizüberflutung der Frühgeborenen wird durch die Reduktion der Geräuschkulisse und des Lichtpegels entgegengewirkt. Schwestern und Physiotherapeuten fördern durch gezielte Anregungen die Atmung, die Motorik, das Saug- und Trinkverhalten, die Körperwahrnehmung, aber auch alle Sinne der Frühgeborenen.
Um den Trennungsverlust durch die Frühgeburt abzumildern, werden die Eltern möglichst früh und umfassend in die Betreuung einbezogen. So ermutigen wir die Eltern z.B. zur sogenannten Känguruhpflege. Känguruhpflege bedeutet, dass das Kind, bis auf eine Windel unbekleidet, auf dem nackten Oberkörper der Mutter oder des Vaters liegt. Zunächst wird das Gesicht nahe dem Gesicht von Mutter oder Vater gelegt. Dann gleitet das Kind langsam auf die Brust, bei der Mutter nahe der Brustwarze. Je nach Reife wird das Kind trinken. Günstige Effekte gehen vom engen Hautkontakt, dem Wiegen auf der Brust und der Gewöhnung an die Brust und das Trinken von Muttemilch aus. Die Känguruh-Liegestühle erlauben Eltern und Kind viele Stunden gemeinsam zu ruhen und zu kuscheln.
Die neonatologische Versorgung von Neugeborenen wird am Klinikum Dritter Orden durchgeführt vom
Perinatalzentrum der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
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